„Hard to Be Soft“, Oona Doherty © Luca Truffarelli

Tanz im August Review: Hard To Be Soft – A Belfast Prayer

In der zweiten tanzschreiber-Review sprechen David und Beatrix über die energiegeladene Performance zu „Hard to be Soft“ von Oona Doherty.

David Pallant: Inwiefern war das Stück deiner Meinung nach ein „Gebet“?

Beatrix Joyce: Es gab direkte Referenzen, die direkt auf Gebete und Religion Bezug genommen haben, wie beispielsweise das Brennen von Weihrauch, die Chorgesänge, Dohertys weiße Kleidung und Momente, in denen sie Richtung Himmel zeigte während ihr Körper sich durch Bilder bewegte, die an religiöse Ikonografie erinnerten – sie verarbeitete hierbei Geschichten, die ihr von Menschen aus Belfast erzählt wurden. So setzte sie sich damit auseinander, welche Rolle die Religion im Alltag dieser Menschen spielt. Gleichzeitig hat sie in ihrem Künstler*innengespräch erwähnt, dass sie den Wunsch hat, den Begriff der Religion neu für sich zu beanspruchen – jenseits von den Zwängen, den seine gesellschaftliche Ausprägung mit sich bringt. Deshalb glaube ich, dass man das Stück insgesamt auch als eine Art Gebet verstehen kann, das vor Allem von Hoffnung getragen ist.

Welche Bilder hat die Körperlichkeit des Stücks für dich heraufbeschwört?

Doherty hat mit drei sehr unterschiedlichen Arten von Energie gearbeitet – mit ihrer eigenen, wilden und doch raffinierten Form der Solochoreografie, mit der puren Kraft einer Gruppe von furchtlosen jungen Frauen und der schweren, fleischigen Kraft von zwei erwachsenen Männern. Es war fesselnd zu sehen, wie diese Körper, obgleich sie sehr unterschiedlich sind, ein gemeinsames Ziel hatten: sich zwischen etwas „Hartem“ und etwas „Weichem“ zu bewegen.” Jeder dieser Körper vermittelte das Verlangen, etwas durchzusetzen und zu verteidigen, während sie gleichzeitig aber auch die Sensibilität in sich trugen, ganz tief mit ihren inneren Zuständen und Gefühlen verbunden zu sein.

Gab es im Stück einen Moment, der dich besonders bewegt hat?

Eigentlich entstand ein Moment, den ich besonders herausragend fand, durch einen technischen Fehler, wie sich später herausstellte. Gegen Ende des zweiten Solos, das bei dieser Aufführung von Doherty selbst getanzt wurde, erstarb plötzlich der Sound mit dem wohlbekannten und harten „Peng“, das Lautsprecher von sich geben, wenn sie auf einen Schlag ausgehen. Doherty tanzte in der Stille weiter und das gesamte Publikum verfolgte ihre Bewegung mit angehaltenem Atem. Die traumgleiche Dramaturgie war zersprungen und die soziopolitischen und wirtschaftlichen Probleme, mit denen sich das Stück befasst, wirkten dadurch plötzlich sehr real. Die Distanz verschwand und ich fühlte ihre Verwundbarkeit – und ihre Kraft –  während ich ihr dabei zusah, wie sie ihre Geschichte aus dem Bauch heraus erzählte und dabei die Botschaft überbrachte, die sie vermitteln wollte.

Deutsche Übersetzung von Mieke Woelky


Eine Kooperation zwischen dem Tanzbüro Berlin und Tanz im August 2019
Unsere tanzschreiber-Autor*innen Alexandra Hennig, Beatrix Joyce and David Pallant wurden eingeladen, Kurz-Reviews zu ausgewählten Produktionen im Rahmen von Tanz im August zu schreiben. Alle Texte werden auf www.tanzschreiber.de und www.tanzimaugust.de/magazin veröffentlicht.