„M.A.R.S.“, Felix Mathias Ott und Bahar Temiz © Paul Mc Gee

Außerirdisches Kugelwesen

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Felix Mathias Ott und Bahar Temiz suchen beim Festival Open Spaces nach Relationen jenseits von Narration

Ein Mann und eine Frau in hellgrauen Jeans-Outfits verschlingen ihre Körper zu einem organisch-maschinellen Wesen, das sich — halb Raupe, halb Kettenlaufwerk — über den Bühnenboden bewegt und Körperteile wie im Kaleidoskop zu einem flüchtigen Dritten miteinander verschränkt: Zwei Körper ohne Anfang und Ende. Eingeleitet wird die abstrakte Symbiose durch Frank Sinatras unbeschwert-romantisches „Fly me to the moon“ — Oh ha, Frauen, Männer und die Liebe! Diese Konstellation bleibt wohl auch in Zukunft noch eine extraterrestrische Erfahrung. „M.A.R.S.“ nennen Felix Mathias Ott und Bahar Temiz deshalb wohl auch ihre Performance und weil der Kriegsgott-Planet so schön zum Schauplatz für den Geschlechterkampf taugt. Das Raupenkettenlaufwerk-Kugelwesen jedenfalls wird alsbald seine Zweigeschlechtlichkeit (wieder) preisgeben und ordentlich auf gegenseitige Tuchfühlung gehen — Wangen klatschen, Brustkörbe trommeln und an Mundhöhlen zerren, um den Körper und Partner als Resonanzraum zu erforschen. Das ist nichts Neues im nicht-erzählerisch ambitionierten zeitgenössischen Tanz, passt thematisch aber gut. Die Gesamt-Mischung aus Szenen abstrakter Symbiose und angetippter Zwischenmenschlichkeits-Symbolik hingegen will nicht richtig einleuchten, wirkt mitunter etwas unentschlossen. Der Versuch, dem ewigen Mann-Frau-Ding „jenseits der Narration“ auf den Grund zu gehen, endet — verdammt fabel-haft — als im Bühnenvorhang abtauchendes vielbeiniges Krabbeltier: Männer, Frauen und die Liebe, dieser Alien! Darüber wusste auch schon der alte Platon Bescheid. Nichts desto trotz: Als tanz-akrobatisches Duo, das seine Körper in beindruckender Geräusch- und Schwerelosigkeit dauerhaft ineinanderfließen lässt, faszinieren Ott und Temiz. Auch aus der Sinatra-Idee könnte noch etwas (charmant Komisches) werden. Zwei Rollen rückwärts jenseits des Narrations-Tabu, versteht sich.