In „A Matter of One’s Own“ treten Roni Katz, Manon Parent und Lisa Densem mit eigenen (fremden?) choreografischen Geschichten an.
Wem gehört die Choreografie? Als sei es nicht längst schon Kanon, dass im zeitgenössischen Tanzschaffen klassische Rollenzuweisungen von „Choreograf*in“, „Tänzer*in“ oder „Performer*in“ – von Konzipierenden auf der einen und Ausführenden auf der anderen Seite – verschwimmen, verwandelt dieses Trio das Studio 1 der Uferstudios in einen Ort der agitatorischen Neuanordnungen: auf eine Neuverteilung im Owner-Ship!
Auf jeden Fall wird an diesem Abend ziemlich viel gerannt und (Staub) aufgewirbelt – mit Armen und Händen, die sich abstoßen, Füßen, die flach auf den Boden aufstampfen und sich zu halbherzigen, offen-komischen oder pathetischen Sprüngen, Grant-Jetés oder ironisierten Arabesken aufschwingen. Dabei bleibt unklar, ob die Haltung der Tänzer*innen schon Kommentar oder noch ursprüngliches Bewegungsvokabular ist. Zwischendurch fühlt frau sich wie in einem schlafwandlerischem Raum der Déjà-Vus und Klischees des zeitgenössischen Tanzes wieder: Tänzer*innen, die bedeutungsschwere Worte in den Raum stellen, während sie lässig und möglichst unbetont Dinge umher tragen und neu arrangieren. Eine zur Treppe geformte Leiter darf nicht fehlen; natürlich ein Stuhl, ein Tisch, Klebeband und ganz wichtig: ein Haufen durchsichtige Folie, in dem sich ein Körper eingräbt und über den Raum rollt. Das ist doch alles so… 2018?
Die Choreografien, auf denen diese Neubearbeitungen und Aneignungen beruhen, werden dabei nicht explizit benannt oder herausgestellt. Ich glaube, einzelne zu erkennen („War da das Pferd von Martin Nachbars „Tierformeln?“ Oder: ein herumgetragener Körper – steckt Sasha Waltz dahinter? Rückwärts laufen, eindeutig: Lina Gómez?! “), gebe den Versuch aber schnell wieder auf. Alles verbleibt im Ungefähren, Mutmaßenden – dabei geht es ja auch extra nicht um die Originale. Stattdessen kann frau sich an der teils unverblümten Genugtuung erfreuen, die den drei Tänzerinnen irgendwie die ganze Zeit über ins Gesicht geschrieben steht, während sie all diese früheren Bewegungsfolgen reenacten und neuinterpretieren. Ein Konglomerat aus Bewegungsabfolgen entsteht, das wohl mehr über bestimmte Bewegungssprachen, über homogene Ästhetiken und Diskurse aussagt als über einzelne Choreograf*innen.
Nicht viel Neues, also: eingedrehte Gliedmaßen, überstreckte Körper, Bodenrollen, Umfallen, Aufstehen, Arme ausbreiten, nervös durch den Raum stolpern, aus der eigenen Rolle heraustreten, persönlich werden, zittern, auf einem Stuhl sitzen, um die eigene halbe Achse kreisen. Gerade, als ich mich frage, ob am Ende wirklich alle irgendwie dasselbe machen, kann ich mich doch am persönlichen Ausdruck und Charme der einzelnen Tänzerinnen-Persönlichkeiten festhalten. An diesem Punkt ist mir auch egal geworden, worauf es sich bezieht, wenn Manon Parent mit einer Geige über die Bühne fegt und Lisa Densem mit dem dazugehörigen Bogen zu noch breiteren Arabesken antreibt, weil das schon für sich stehen kann. „A Matter of One’s Own“ ist insofern auch ein konsequenter Kommentar auf noch immer vorherrschende Machtstrukturen und Hierarchisierungen im zeitgenössischen Tanz. Das „choreografische Genie“ kann so ganz schnell zugunsten eines Konglomerats aus tänzerischer Aneignung verloren gehen.