„The Horror Woman“, Noga Abramovitch, Helen Burghardt & Zoe Goldstein © Alexandra Hennig

Und wenn sie nicht gestorben sind…

Marlene Naumann und Anuya Rane lassen ihren Gedankenströmen freien Lauf zu „The Horror Woman a.k.a. too dark … too sweet … too dead?“ von Helen Burghardt, Zoe Goldstein & Noga Abramovitch am 25./26. Mai 2019, und setzen dazu noch ein Palimpsest oben drauf. Aus der Schreibwerkstatt des A.PART-Festivals – Zeit für den dritten Teil unserer Serie. Nachdem der Bund und die Länder heute beschlossen haben, die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu verlängern, wird einmal mehr deutlich, dass wir monatelang schweren Herzens auf den gewohnten Besuch von Live-Tanzaufführungen verzichten werden müssen.

#Palimpsest: Das Wort-Material des vorliegenden Textes besteht aus einer Session des automatischen Schreibens, die eine der beiden Schreiberinnen generiert hat. Diese „automatischen Gedankenströme” werden von der anderen im „fertigen” Text integriert und kursiv markiert. Spuren der verworfenen Bausteine unterbrechen den Textkörper als Durchstreichungen.

Drei schön gekleidete Frauen stehen auf die Bühne. Zwei stehen, eine sitzt. Ich habe das Gefühl, im Kino zu sein. Schöne weiße elegante Kleider. Was kommt danach?
Ein Tanz?
Was soll man jetzt erwarten… Licht aus.
Zweite Szene: die gleichen drei Frauen. Aber langsam wird’s grausam.

Horror Movie als Tanzfilm. Äh, als Tanzstück seltsame Sache.

Dritte Szene: jetzt wird miteinander gesprochen. Nur ein paar Sätze. Besondere Geste mit den Händen.
Nächste Szene: Eine geht weg und die zwei Anderen tauchen in eine gruselige Welt. Horror? Angst? Angst haben? Angst machen? Horror wird Komödie?

Fotos: „The Horror Woman a.k.a. too dark … too sweet … too dead?“ von Helen Burghardt, Zoe Goldstein & Noga Abramovitch ©Mayra Wallraff

Ich fand es auch manchmal echt einfach unangenehm. Mir ist irgendwann schlecht geworden. Es gab Passagen bei denen ich dachte: Oh, da solltest du jetzt vielleicht eigentlich gar nicht hinschauen, ist verboten, geheim. Hier entblößt sich was.
Gibt bestimmt Leute mit einem Horror Film Fetisch. Hahah. Aaaah Porno.

Ist aber Horror, nicht Komödie… Die ganzen Horror-Filme, die man je gesehen hat, stehen vor den Augen.

Die Naivität, die Grausamkeit, schöne Frauen die plötzlich hässlich werden. Hat Angst eine Bedeutung? Soll Angst etwas sagen?

Also am Anfang fand ich es viel, dann irgendwann HAT DAS KRASSE NICHT
MEHR KRASS GEWIRKT, sondern eher zäh.

Alle drei bewegen sich wie verrückt.

Irgendwie so direkt und so aus dem Bauch heraus. Die Hexe, das kreischende Mädchen, Sex, alle Filter aus, einfach rauslassen, so richtig ausrasten und einfach alles raus. Irgendwie krass und irgendwie viel.

Ich habe noch nie einen Horror-Film gesehen. Irgendwie brutal ohne so direkten Grund, und gerade als ich dachte, jetzt will ich wirklich nicht mehr, ich würde jetzt gern raus, mir ist schlecht, mir ist das zu viel, warum soll ich mir das geben, darf ich jetzt raus, und so weiter. Da sind auch schon alle gestorben und es war aus.


Die Schreibwerkstatt im Rahmen des A.PART-Festivals 2019 im ada Studio wurde von Alexandra Hennig und Johanna Withelm ausgerichtet. Hennig und Withelm haben bereits regelmäßig auf tanzschreiber publiziert, während ihrer Zeit als Studioschreiberinnen-Duo des ada Studios (2017/18) entwickelten sie eigene Methoden des dialogischen Schreibens.

Bei diesen hier auf tanzschreiber.de veröffentlichten Texten handelt es sich um Werkstatt-Texte. Sie sind in geteilter Autor*innenschaft von Teilnehmenden der Schreibwerkstatt im Mai 2019 entstanden, instant – jeweils direkt im Anschluss an den Besuch der Generalproben.

Die Schreibwerkstatt fand im Rahmen von mapping dance berlin statt, einem Modul des Projekts „Attention Dance II“, das von 2018-2021 durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und die Senatsverwaltung für Kultur und Europa gefördert wird.