O (die shOw), Jan Kress, Jan Rozman, Julia Keren Turbahn ©Philipp Weinrich

dO yOu knOw the wOrld Of O?

O (die shOw), choreografiert und aufgeführt von Jan Kress, Jan Rozman und Julia Keren Turbahn, richtet sich an hörende und Taube Zuschauende ab 6. Die Tanz-Performance feierte am 14. Februar 2024 im FELD Theater für junges Publikum Premiere, mit weiteren Aufführungen bis zum 18. Februar.

Jede Menge Kinder sind im Saal. Lautes Plappern, Lachen, Gewusel hallt durch das Theater. Die Kids sind zwischen sechs und acht, die meisten offenbar hörend. Die Tauben Kinder sitzen in der ersten Reihe. Während der Show wird mir wieder bewusst, dass Kinder gern permanent sprechend und tonerzeugend kommentieren, was sie sehen, fühlen und denken. Ich selbst war ein extrem nonverbales, ruhiges Kind und sehr geräuschempfindlich. Wortbasierte Kommunikation war mir fremd. Jetzt, hier, in diesem Theater, frage ich mich, ob sich Taube Kinder manchmal in der Mainstream-Gesellschaft entfremdet fühlen, ob diese sie manchmal ermüdet. In O (die shOw), werden Taube jedoch zu Insidern.

Zu Beginn der Performance erzählen Jan Kress (Tauber Performender in blauen Sneakers), Jan Rozman und Julia Keren Turbahn (Hörend-Performende in roten Sneakers) in gesprochener Sprache und deutscher Gebärdensprache (DGS) von O, Oo und Ooooo. Eines Tages entdeckt Ooooo ein großes, seltsames, glänzendes, magisches Loch im Boden. O und Oo denken, dass sie geträumt hat oder lügt. Sie geraten in Streit, bis plötzlich…

Ein Lichtkegel erleuchtet die Bühne, und das Publikum betritt O’s Welt, in der Geschichten optisch, mit Körperbewegungen, Licht und Requisiten erzählt werden.  Die Performenden springen in das Loch, auf der Bühne wird es dunkel. Ein paar Kinder schreien laut auf, als blaue Lichter angehen, und Kress in Visual Vernacular vom Abenteuer der drei berichtet. Dann interagieren die Künstler*innen auf der Bühne mit der geheimnisvollen O, die sich permanent verwandelt, wächst und unterschiedliche Identitäten annimmt: eine Frisbee-Scheibe, ein Hula-Hoop-Reisen, eine Pfanne, ein Ring…

Wenn sich ein neues, buntes Loch im Boden öffnet, springen die Performenden hinein und nehmen uns mit in eine andere Welt, in der jeder Kosmos ein Spiel ist, das wir zusammenspielen. Die Spiele konzentrieren sich auf Bildsprache und bringen dem hörenden Publikum DGS-Buchstaben und -Worte nah. Schließlich hüpfen die Performenden in ein rosafarbenes Loch und betreten die dritte und letzte Welt. Dort vollzieht sich ein intensiver Austausch in Bewegungen und Mimik. Es ist ein schneller, komplexer Tanz, dessen Bedeutung zu erfassen schwerfällt. Aus der Interaktion der Künstler*innen wird jedoch klar, dass sie ein Gespräch führen. Bei dieser Szene werden die hörenden Kinder zunehmend unruhig und frustriert. „Ich verstehe keine Gebärdensprache“, sagt ein Kind. „Das ist keine Gebärdensprache“, antwortet eine Erwachsene. Andere raten laut, worum es hier gehen könnte. In diesem Moment stellt sich für mich das „gewöhnliche“ Szenario der Tauben Kinder, die im Gespräch außen vor sind, auf den Kopf: Jetzt haben die Hörenden ein Problem.

Ein magisches Loch öffnet sich auch in mir. Darf ich mich wirklich jederzeit einmischen und mich in die von mir präferierte Form des Dialogs zurückziehen?  wOOOw! Runzelst du die Stirn, weil du nicht verstehst? Dann frage ich, ob du Os Geschichte gesehen hast. Ich träumte nicht. Es war waaaaahhhhhhr.

Übersetzung aus dem Englischen: Lilian Astrid Geese


O (die shOw), choreografiert und aufgeführt von Jan Kress, Jan Rozman und Julia Keren Turbahn, wurde am 14. Februar 2024 im FELD Theater für junges Publikum uraufgeführt und wird noch bis zum 18. Februar aufgeführt.