Das Offene Studio mit Julie Peters und Kata Kwiatkowska fand im ada Studio am 20. Juni 2025 statt. Die Reihe reinkommen des ada Studios ermöglicht Nachwuchskünstler*innen in ihre Arbeit einzutauchen und sie zu teilen.
Bevor wir das Studio betreten, werden wir von den Organisator*innen eingeladen den Raum zu erkunden. Beim Reinkommen sehe ich bereits einige Menschen, die auf der Bühne im Kreis laufen, dazu erklingt eine Soundkulisse, die verschiedene Wassergeräusche in den Raum holt. Ich fühle mich so, also würde ich eine Muschel an mein Ohr halten. Wenn ich näher am Lautsprecher bin, ist das Rauschen der Wellen lauter, wenn ich weiter weg bin, verebbt es. Irgendwann entdecke ich die zwei Performerinnen. Sie beginnen mit fluiden, kreisenden Bewegungen, die durch den ganzen Körper wandern. Wie vom Winde verweht treiben sie durch den Raum. Aneinander vorbei und einander beeinflussend, die gleichen Ruhemomente findend. Die ausdrucksstarken Bewegungsmuster rufen bei mir Bilder von Wasser hervor, das im Körper herumsprudelt und von Wellen, die die Tänzerinnen mitreißen. Letzteres assoziiere ich mit Menschen, die auf ihrer Flucht nach Europa in den Wellen des Mittelmeers ertrinken, weil ihnen Schutz und Rettung verweigert wird.
Der erste Blick. Ich sitze häufig in Aufführungen, in denen viel passiert und sich die Tänzer*innen mit ihrem Blick irgendwo außerhalb befinden. Ich finde das sehr spannend und will herausfinden, wo sie gerade sind und was sie bewegt. Ich warte aber auch auf den ersten Blick, der ins Publikum geht, der uns direkt sieht und anspricht. Ich will mitgenommen werden auf ihre Reise. Im ada Studio trifft mich der erste Blick, als die Performerinnen im hinteren Eck der Bühne knien und die rechte Seite des Publikums anschauen. Es ist ein ruhiger Moment, die vorherigen vielen Bewegungen sind abgeklungen. Ich bin gefesselt von der Ruhe und Intensität des Augenblicks.
Hände, die suchen. Hände, die den Kopf festhalten, Hände, die den anderen Körper halten, Hände, die einander festhalten. Aus den asynchronen Bewegungen, die sich in diesem Teil zu ruckartigem, abgehackten Staccato entwickeln, entstehen immer wieder symmetrische Formen, in denen sich beide Körper zueinander positionieren. Wie genau ihre Beziehung zueinander ist, bleibt aber offen.
Stille. Lauter Atem. Ein Auto, das draußen vorbeifährt. Gehen ist nur mithilfe der anderen Person möglich. Die beiden brauchen einander.
Die Darstellerinnen schleppen Sandsäcke auf die Bühne und positionieren sie in einer Diagonale in kleinen Häufchen. Ihre Körper rollen über die Hindernisse, um sie herum, finden Ruhemomente auf den kleinen Inseln. Ich sehe einen Fluss, die Kraft des Wassers drückt um die Steine und über sie hinweg.
Die einzelnen Teile und Bewegungsmuster gehen nahtlos ineinander über. Trotzdem kommt es mir vor wie Kapitel, die von unterschiedlichen Facetten geprägt sind. Ohne dabei eine klare Geschichte zu verfolgen, bin ich im mittendrin im Geschehen. Ich fühle mich fast wie in einer Traumlandschaft, bevor ich genau greifen kann, was in einer Szene passiert, überholt das nächste Geschehen mit dessen Eindrücklichkeit.
Epilog:
Der Satz, der mir vom Publikumsgespräch nach der offenen Probe hängen geblieben ist: „waters’ purpose is to finish the job, to keep going“.
Die offene Probe im Rahmen der Reihe reinkommen mit Julie Peters und Kata Kwiatkowska fand im ada Studio am 20. Juni 2025 statt.